Oliver Bierhoff ist weiterhin gegen einen Boykott der Fußball-WM in Katar. Angesichts von angeblich 15.000 toten Gastarbeitern seit der Vergabe im Jahr 2010 sieht der DFB-Direktor allerdings den Weltverband in der Pflicht.
«Wenn diese Zahlen stimmen, sind sie natürlich erschreckend. Hier ist nun die FIFA als Ausrichterin und Organisatorin des Turniers gefordert, für Aufklärung zu sorgen», sagte Bierhoff dem Magazin «Stern».
Ein Verzicht auf eine WM-Teilnahme habe keinen Sinn. «Der Sport hat die Kraft, Brücken zu bauen, im Dialog zu bleiben und Veränderungen anzustoßen, das hat er schon oft bewiesen. Diese Möglichkeit wollen wir nicht unversucht lassen», sagte Bierhoff. «Die verbleibenden elf Monate bis zum Eröffnungsspiel sollten nun von allen Beteiligten wirkungsvoll genutzt werden», forderte der 53-Jährige.
«Ich bin froh, dass wir mündige Spieler haben»
Ob die deutschen Nationalspieler wie im März 2021 auch beim Turnier vom 21. November bis 18. Dezember mit Aktionen auf die problematische Menschenrechtslage in Katar aufmerksam machen werden, wollte Bierhoff nicht prognostizieren. «Das kann ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht sagen, denn der Impuls für solche Aktionen kommt direkt aus der Mannschaft selbst», betonte der DFB-Direktor. «Ich bin froh, dass wir mündige Spieler haben. Eine sensible Mannschaft, die weiß, dass Fußball mehr ist als nur Sport, und diese Bühne nutzt, um offensiv für Menschenrechte einzutreten.»
Sportlich bleibt Bierhoff bei der Zielvorgabe Halbfinale: «An der Weltspitze zu spielen bedeutet für alle unsere Nationalmannschaften, bei jedem Turnier zu den besten vier Teams der Welt zu gehören und alle zehn Jahre einen Titel nach Deutschland zu holen. Das ist unser Anspruch», sagte er. Die Auswahl von Bundestrainer Hansi Flick startet mit einem Test gegen Israel am 26. März ins WM-Jahr. In der Nations League sind noch vor der WM im Juni und September Italien, England und Ungarn je zweimal die Gegner.