Jude Bellingham mit einem Geniestreich und Torjäger Harry Kane haben England vor einem blamablen Achtelfinal-Aus bei der Fußball-EM in Deutschland bewahrt.
Der Champions-League-Sieger von Real Madrid erzielte in der fünften Minute der Nachspielzeit per Fallrückzieher ein Traumtor zum rettenden 1:1 und legte damit den Grundstein für den hart erkämpften 2:1-Erfolg (1:1, 0:1) der Three Lions nach Verlängerung gegen Außenseiter Slowakei. Bayern-Star Kane ließ in der 91. Minute direkt den zweiten Treffer folgen und brachte England damit auf die Siegerstraße.
Sowohl Bellingham als auch Kane waren beim nächsten biederen Auftritt des Millionenensembles zuvor blass geblieben. Die 47 244 Zuschauer in Gelsenkirchen sahen das Team von Trainer Gareth Southgate schon kurz vor dem Aus. Doch nach der späten Aufholjagd leben die Hoffnungen auf den ersten Titel seit dem WM-Triumph von 1966 weiter.
Schweiz wartet im Viertelfinale
Southgate dürfte allerdings nach der erneut dürftigen Leistung seines Teams weiter in der Kritik stehen. Der EM-Finalist von 2021 trifft im Viertelfinale am nächsten Samstag (18.00 Uhr) in Düsseldorf auf die Schweiz. Dagegen ging der Traum der tapfer kämpfenden Slowaken vom ersten Einzug in die Runde der letzten acht Teams bei einer EM trotz der zwischenzeitlichen Führung durch Ivan Schranz (25.) nicht in Erfüllung.
Ungeachtet der Kritik vieler Fans hatte Southgate erneut weitgehend auf große Umstellungen verzichtet. Nur Kobbie Mainoo, der im defensiven Mittelfeld laut des Trainers «eine Verbindung zwischen Abwehr und Offensive» schaffen sollte, rückte neu in die Startelf.
Passive Engländer werden bestraft
Besonders viel Wirkung zeigte diese Maßnahme zunächst nicht. Denn die Slowaken erwischten den besseren Start und hatte durch den starken Flügelstürmer Lukas Haraslin (6./12.) gleich zweimal die Chance zur Führung. So viel Tempo und Spielwitz hatten die Engländer nicht zu bieten. Stattdessen sammelten sie schnell drei Gelbe Karten. Bis auf einen Fernschuss von Kieran Trippier (10.), der weit über das Tor ging, gab es wenige Abschlüsse für das Team von Southgate, der sein 99. Länderspiel als Chefcoach begleitete.
Diese Passivität wurde bestraft. Der von David Strelec glänzend freigespielte Schranz stieß in eine der vielen Lücken der englischen Abwehr und erzielte aus kurzer Distanz seinen bereits dritten EM-Treffer für die Slowakei und damit die verdiente Führung.
Fodens Tor zählt nicht
Nach dem ersten Rückstand bei diesem Turnier wirkte der Mitfavorit noch ratloser als zuvor. Zwar erhöhte er nun den Druck, tat sich aber beim Herausspielen von Torchancen weiter schwer. Begleitet von ersten Pfiffen der eigenen Fans mühte sich England bis zur Pause vergeblich um eine Trendwende.
Und Southgate sah trotz des statischen und fehlerhaften Auftritts noch keine Not, nach 45 Minuten personell nachzulegen. Nach schöner Kombination über Kane und Trippier durfte England dann tatsächlich jubeln – doch das Tor von Phil Fodens, der nach der Geburt des dritten Kindes einen Babyjubel in die Kamera zeigte, wurde wegen Abseits aberkannt.
Späte Wechsel, späte Tore
An der Seitenlinie stand Southgate und vergrub die Hände tief in die Hosentaschen. Nach einem ganz üblen Aussetzer von John Stones wäre per Fernschuss von Strelec (55.) fast das 0:2 gefallen.
Nach 65 Minuten veränderte Southgate sein Team erstmals und brachte Shootingstar Cole Palmer für Außenverteidiger Trippier. Mit zunehmender Hektik drängten sie auf den Ausgleich, dem sie bei einem Kopfball von Harry Kane (78.) und einem Pfostenschuss von Declan Rice (81.) nahe waren.
Als sich die slowakischen Fans schon auf den Siegesjubel freuten und Southgate bereits aufzugeben schien, schlug Bellingham auf höchst spektakuläre Weise zu und erzwang so die Verlängerung. In dieser traf Kane direkt zum 2:1, danach wirkte die Slowakei platt. Zur zweiten Hälfte der Verlängerung nahm Southgate die beiden Torschützen vom Platz.