Beim nächtlichen Bankett des FC Bayern nach dem Sieg im Hexenkessel von Istanbul kam Vorstandschef Jan-Christian Dreesen ohne Umschweife auf ein schwieriges Thema zu sprechen. Man habe zuletzt viel außerhalb des Sports lesen können, sagte Dreesen am Saal-Mikrofon gleich zu Beginn seiner Rede. Gemeint war die heikle Personalie Noussair Mazraoui.
Der Marokkaner, der beim 3:1 in der Champions League gegen Galatasaray Istanbul nach einer Muskelverletzung wieder in die Startformation gerückt war, hatte viel Kritik durch seinen pro-palästinensischen Social-Media-Beitrag hervorgerufen. Im Kader des FC Bayern durfte er bleiben.
Mazraoui an einem Tisch mit Peretz
«Wir wollen unseren Spieler Noussair Mazraoui natürlich in unsere Mannschaft voll integrieren. Es wird weitere Gespräche geben», sagte Dreesen. «Ich bin sicher, dass es heute Abend gut ist, sich auf den Sport zu konzentrieren, den Abend zu feiern und vor allem dieses Spiel ein Stück weit Revue passieren zu lassen.» Mazraoui saß bei der nächtlichen Runde an einem Tisch zusammen mit dem israelischen Torhüter Daniel Peretz.
Der Fußball-Abend zuvor, den die Münchner Stars mit ihren Edelfans in ihrem Luxus-Hotel bei Garnelensalat, Lachs oder Baklava ausklingen lassen konnten, hatte es bei ohrenbetäubendem Lärm in sich. Ein am Ende eiskalter FC Bayern setzte dabei seine Rekordserien fort. Die Münchner sind seit 37 Gruppenspielen in der Königsklasse ungeschlagen, die letzten 16 Partien gewannen sie allesamt. Acht Auswärtssiege am Stück sind ebenfalls Bestwert.
«Ich war nicht bei allen 37 Spielen dabei, sonst wäre ich ganz schön stolz», sagte Trainer Thomas Tuchel lachend. «Die Mannschaft kann stolz sein. Es ist jedes Mal ein hartes Stück Arbeit. Immer wieder diese Mentalität, den Hunger und die Qualität zu zeigen, ist das, was den FC Bayern ausmacht. Ich bin stolz, da ein Teil sein zu dürfen.»
Tuchel: «Mussten viel leiden in der ersten Halbzeit»
Im Hexenkessel Rams Park ließen Rekordeinkauf Harry Kane (73. Minute) und Jamal Musiala (79.) die Münchner über den Sieg und die ausgebaute Tabellenführung jubeln. Nachdem Kingsley Coman (8.) die ohrenbetäubende Anfeuerung der Fans im Rams Park früh-, aber nur kurzzeitig verstummen ließ, drehte der türkische Meister nicht nur durch den frechen Foulelfmeter von Mauro Icardi (30.) mächtig auf.
«Wir mussten viel leiden in der ersten Halbzeit. Die Reaktion war sehr gut von der Mannschaft – dickes Kompliment» sagte Tuchel. Und das bei einer heißen Atmosphäre. 132 Dezibel wurden zwischenzeitlich gemessen. «Das entspricht dem Geräuschpegel eines Düsenjets», sagte Dreesen. «Wir haben uns gefühlt wie neben einem Düsenjet bei diesem unglaublichen Spiel.»
Bald fliegt auch wieder Manuel Neuer mit. Der lange verletzte Kapitän könnte am Samstag im Heimspiel gegen Darmstadt 98 erstmals seit fast einem Jahr wieder im Bayern-Tor stehen. «Ich freue mich in erster Linie für ihn persönlich. Ich glaube nur er selbst weiß, was für einen harten Weg er gegangen ist», sagte Joshua Kimmich.
Der gegen Istanbul wieder einmal starke Vertreter nimmt nicht gerne, aber auch ohne Ärger auf der Bank Platz. «Natürlich freut man sich immer, wenn man spielt. Ich kenne meine Rolle beim FC Bayern und Manu hat sich jetzt zurückgekämpft» sagte Ulreich. «Da freue ich mich für ihn, weil es ein langer Weg auch für ihn war. Wenn Manu am Wochenende spielen sollte, wird Manu ein gutes Comeback geben.»