Der strahlende Sonnenschein an der ostspanischen Mittelmeerküste taugte nach dem rätselhaft schlappen Auftritt der entzauberten Bayern-Stars beim Europa-League-Champion FC Villarreal auch nicht als Stimmungsaufheller.
Der einzige Lichtblick war auch beim Auschecken aus dem Teamhotel am Morgen nach dem kollektiven Versagen weiterhin allein das Ergebnis. Das mehr als glückliche 0:1 lässt den plötzlich im Viertelfinale nicht mehr favorisierten Münchnern alle Chancen, mit einem großen Fußballabend am 12. April in der Allianz Arena doch noch den Halbfinal-Kracher gegen Jürgen Klopps FC Liverpool zu realisieren.
Heimkehr als Verlierer
«Wir werden uns aufrappeln», versprach Anführer Thomas Müller schon mal allen Bayern-Fans, die auf der Kleinkunstbühne des Estadio de la Cerámica einem Münchner Ensemble zusahen, das sich selbst nicht wiedererkannte. Trainer Julian Nagelsmann sprach Worte aus, die man beim Dominator der Bundesliga sonst nicht hört. «Wenig Power» in der ersten Hälfte, «keine Torchancen», Ballverluste. Die zweite Hälfte sei dann «total wild» gewesen, irgendwann «Harakiri».
Selbst Nationaltorhüter Manuel Neuer irrlichterte plötzlich weit vor seinem Strafraum herum. Robert Lewandowski schlich wie ein Gespenst über den Platz. Müller und Joshua Kimmich entwickelten keinen Plan.
Nach viereinhalb Jahren (!) kehrten Kapitän Neuer und seine taumelnde Crew erstmals von einer Champions-League-Auslandsreise als Verlierer heim. Allein diese Statistik nach zuvor 25 ungeschlagenen Partien belegt, dass im Viertelfinal-Hinspiel Außergewöhnliches geschah.
Nur 0:1: Zuversicht fürs Rückspiel
Zum sechsten Mal seit 2014 droht den Bayern in der K.o.-Phase des größten Vereinswettbewerbes das Aus gegen einen spanischen Verein. Diesmal aber nicht gegen einen der großen Drei, Real Madrid (2014, 2017, 2018), FC Barcelona (2015) und Atlético Madrid (2016). Sondern gegen den wohl doch unterschätzten Europa-League-Sieger FC Villarreal – das vermeintliche Glückslos. Entlarvend ehrlich sagte Kimmich, dass das Versagen vor allem «an unserer Herangehensweise» lag.
«Es ist nicht der Gegner, über den man locker drüber springen kann», lautete Müllers Erkenntnis. Nagelsmann benannte ein Kernproblem der energielosen und irritierenden Nicht-Leistung: «Wenn man Villarreal wenig Stress gibt, machen sie wenig Fehler.» Ein entscheidendes Manko aber leistete sich der Gegner: Das «Gelbe U-Boot» verbuchte nur einen Treffer, den des Niederländers Arnaut Danjuma gleich zu Beginn.
Daraus speisten sich die Kampfansagen von Müller und Co. Zumal ein 0:1 nach der Abschaffung der Auswärtstorregel nicht mehr die Gefahr früherer Europapokaljahre birgt. Ein Münchner 2:1 oder 3:2 würde im Rückspiel nicht das Aus, sondern Verlängerung bedeuten. «Dadurch, dass es nur 0:1 ausgegangen ist, lebt die Zuversicht fürs Rückspiel. Wir werden ein anderes Gesicht zeigen», versicherte Nagelsmann.
Kimmich: «Vertrauen in unsere Qualität»
Auch der 34-Jährige wird Lehren aus der ersten Viertelfinalrunde ziehen müssen. Es braucht im Rückspiel von Anfang an die Dynamik eines Leon Goretzka im Mittelfeld oder die Präsenz und Statur eines Niklas Süle in der Abwehr. Rückkehrer Alphonso Davies könnte nach einem weiteren Formaufbau am Samstag in der Bundesliga gegen den FC Augsburg zum Rückspiel schon einen Schritt weiter sein. Auch wenn der junge Kanadier nach seiner Herzmuskelzündung noch Zeit brauchen werde, «bis er wieder der Alte ist», wie Nagelsmann anmerkte.
«Ich habe schon Vertrauen in unsere Qualität. Jeder weiß jetzt, worum es geht», sagte Kimmich in einer Mischung aus Trotz und Glauben: «Wir sind in jedem Spiel in der Lage, zwei, drei Tore zu machen.»
Im Achtelfinale folgte auf ein ebenfalls glückliches 1:1 bei Red Bull Salzburg im Rückspiel ja auch ein 7:1-Torfest in München. Problem: Im Villarreal-Trikot stecken ausgebuffte Profis und nicht international unerfahrene Salzburger Jung-Bullen. «Das ist eine typische spanische Mannschaft, die zocken kann», sagte Nagelsmann am Mittwochabend. In diesem Satz klang ein großer Respekt vor dem Favoritenschreck durch.
Villarreal hat zudem einen Trainer mit einem klaren Plan. Unai Emery hat den FC Bayern dekodiert. Sein energisch auftretendes Team nahm der 30-Tore-Offensive um Lewandowski, Müller, Coman den Spaß am Kicken. Der 50-jährige Spanier war übrigens im September 2017 Trainer von Paris Saint-Germain, als die Bayern nach einem 0:3-Desaster in Frankreich letztmals geschlagen nach Deutschland zurückkehrten.