In einem Spiel kurz vor dem Abbruch durch massive Fan-Proteste hat der 1. FC Union Berlin im Kampf gegen den Abstieg einen wichtigen Sieg geschafft. Beim Comeback auf der Trainerbank von Nenad Bjelica nach dessen Sperre bezwangen die Eisernen an einem langen Nachmittag im Stadion An der Alten Försterei den in diesem Jahr weiter sieglosen VfL Wolfsburg von Trainer Niko Kovac mit 1:0 (1:0).
Die Partie war insgesamt über 30 Minuten nach Tennisballwürfen von Fans aus beiden Lagern unterbrochen. Hintergrund ist der Widerstand gegen die Investorenpläne der Deutschen Fußball Liga. Das Tor erzielte Danilho Doekhi (45.+25). In der Tabelle vergrößerten die Unioner auf dem 15. Tabellenplatz der Fußball-Bundesliga den Vorsprung auf den 1. FC Köln auf dem Relegationsrang vorerst auf sechs Punkte. Die Rheinländer müssen an diesem Sonntag beim VfB Stuttgart antreten.
Es hätte ein Spiel so vieler Geschichten werden können: Die Rückkehr von Bjelica, das Wiedersehen der Unioner mit dem neuen VfL-Stürmer Kevin Behrens, die Suche der Eisernen nach einem rechten Verteidiger nach gleich drei Personalausfällen für die Position. Es wurde aber vor allem ein Protest-Nachmittag.
Stadion-Sprecher mit klarer Ansage
«Die Botschaft sei sehr, sehr klar und deutlich angekommen», betonte Stadionsprecher Christian Arbeit, der auch der Kommunikationschef der Berliner ist, über das Außenmikrofon. In einer weiteren Durchsage sagte er: «Wir sind so, so kurz davor dieses Spiel nicht weiter austragen zu können.»
Der Protest begann bereits zum Anpfiff. Laut brüllten die Union-Fans noch das obligatorische «Fußball-Gott» bei der Vorstellung von Bjelica, der im Nachholspiel beim FC Bayern Leroy Sané zweimal ins Gesicht gefasst hatte und dafür vom DFB, aber auch von Union sanktioniert worden war.
Fans vereint in der Wut auf die DFL
Beide Fangruppen richteten sich mit entsprechenden Bannern und Rufen gegen die DFL. Auf dem Rasen hatte Jonas Wind die erste Chance für die Gäste, aus kurzer Distanz den Ball aber an Torwart Frederik Rönnow nicht vorbeigebracht. Auf der Gegenseite hatte Kevin Volland die erste Gelegenheit der Gastgeber.
Spielfluss konnte nicht aufkommen. Nach gut 26 Minuten flogen die ersten Tennisbälle auf den Rasen. Als Referee Matthias Jöllenbeck die Begegnung nach gut elf Minuten wieder anpfiff, weil er glaubte, die Lage hätte sich beruhigt, landeten weitere gelbe Filzkugeln auf dem Platz. Er schickte beide Mannschaften in die Kabine, die Fans sangen zuerst «Tennisbälle sind kein Verbrechen» und danach: «Auf Wiedersehen».
Union-Kapitän: Protest sollte schon wehtun
Mit weiteren Bannern wie «Private-Equity-Heuschrecken ohne Einflussnahme?» oder «DFL-Geprüfte Investoren: Finanziert vom Saudischen Blutgeld» unterstrichen die Fans ihre Position. Als wäre nichts gewesen, stimmten sie dann, als die Partie erneut fortgesetzt wurde, ihre Fangesänge an. Doch kurz darauf flogen die Tennisbälle aus den Reihen der Wolfsburger Fans. Wieder kurze Pause.
Wöllenbeck pfiff dann zum letzten Versuch an – mit einer Nachspielzeit allein der ersten Hälfte von fast 30 Minuten. Dass dabei der aufgerückte Doekhi nach einem Eckball das Unioner Tor erzielte, ließ auch die Hoffnungen auf ein reguläres Ende der Partie anwachsen. «Allgemein sehe ich es so, dass ein Protest schon wehtun sollte, weil sonst sieht und hört man ihn nicht. Aus Spielersicht natürlich nicht optimal, wir führen, also ziehe ich was Positives raus», sagte Unions rotgesperrter Kapitän Christopher Trimmel bei Sky.
Die Wolfsburger Mannschaft drängte zwar noch auf den Ausgleich, mit einem Kopfball prüfte Wind erneut Rönnow (63.). Letztlich warten die Niedersachsen aber nun schon seit dem 1:0 gegen den SV Darmstadt am 16. Dezember auf den nächsten Sieg in der Liga. Alle vier Partien des VfL vor dem Union-Spiel waren unentschieden ausgegangen.