Was genau der erste Sieg in dieser Champions-League-Saison wert ist, erfuhren die Spieler des VfL Wolfsburg erst zweieinhalb Stunden nach dem Abpfiff.
Da verlor der Gruppenfavorit FC Sevilla überraschend mit 1:2 gegen OSC Lille. Die Wolfsburger können sich nun am 23. November in Spanien sogar eine Niederlage leisten – und hätten dann vor dem letzten Gruppenspiel gegen den französischen Meister Lille (8. Dezember) immer noch die Chance, sich für das Achtelfinale zu qualifizieren. «Wir haben uns wieder eine realistischere Möglichkeit erarbeitet, in der Champions League zu überwintern», sagte der neue VfL-Coach Florian Kohfeldt nach dem 2:1 (1:1) gegen Tabellenführer FC Red Bull Salzburg.
Was genau der Trainerwechsel in Wolfsburg bewirkt hat, war am Dienstagabend schon während des Salzburg-Spiels gut zu erkennen. Abwehrarbeit, Körpersprache, Leidenschaft, Teamwork: In vielerlei Hinsicht zeigte der VfL unter Kohfeldt erneut ein völlig anderes Gesicht als noch bei der 1:3-Hinspiel-Niederlage gegen den österreichischen Meister nur zwei Wochen zuvor.
Während unter seinem Vorgänger Mark van Bommel vieles im Spiel der Wolfsburger seltsam schwammig und konturlos blieb, fühlen sich nun alle wieder «wohl auf dem Platz und wissen, was wir machen müssen», sagte der Siegtorschütze Lukas Nmecha. Die Spieler loben Kohfeldts klare Anweisungen und die Betonung der Wolfsburger Defensivqualitäten in seinem neuen 3-4-3-System. «Wenn jemand einen Zweikampf verliert, ist ein anderer da. Das war schon unsere Stärke im letzten Jahr – und jetzt ist sie wieder da. Wir haben unsere Intensität wiedergefunden», sagte auch der neue Abwehrchef Josuha Guilavogui.
Vor 16.112 Zuschauern ging der VfL bereits in der vierten Minute durch Ridle Baku in Führung. Nach dem Ausgleich durch einen direkt verwandelten Freistoß von Maximilian Wöber (30.) gelang Nmecha in der zweiten Halbzeit der umjubelte Siegtreffer (60.).
Was die Wolfsburger Entwicklung angeht, sieht Kohfeldt nach dem 2:0 in Leverkusen und dem 2:1 gegen Salzburg immer noch viel Steigerungsbedarf. Die Bedeutung dieses Dienstagabends für ihn persönlich redete der 39-Jährige aber auch nicht kleiner, als sie war. Noch im Mai trennte sich sein Herzensclub Werder Bremen kurz vor dem Abstieg aus der Fußball-Bundesliga von ihm. Fünfeinhalb Monate später trainierte Kohfeldt zum ersten Mal ein Champions-League-Team.
«Ich bedanke mich bei den Jungs, dass sie es letzte Saison erarbeitet haben, dass ich heute dabei sein darf», sagte er. «Dazu habe ich gar nichts beigetragen. Trotzdem war es für mich ein Traum, der in Erfüllung ging: Bei einem Champions-League-Spiel dabei zu sein.»