Viel Zeit zum Hadern blieben Trainer und Mannschaft des Hamburger SV nach der historischen Derby-Niederlage und dem Sturz auf Platz drei in der Tabelle der 2. Fußball-Bundesliga nicht.
Vielleicht war es nach dem 0:3 beim Stadtrivalen FC St. Pauli der einzige positive Aspekt für den selbst ernannten Aufstiegskandidat, dass er nach einem schmerzhaften Wochenende schon am Dienstag (18.00 Uhr/Sky) im DFB-Pokal bei Cup-Verteidiger RB Leipzig antreten muss.
«Das kann man schnell abschütteln», nannte Trainer Tim Walter als Vorteil. «Vor allem haben wir dann die Möglichkeit, im Elf-gegen-Elf wieder aufzutreten», fügte er hinzu und spielte auf die berechtigte Rote Karte für Kapitän Sebastian Schonlau (28.) wegen einer Notbremse gegen St. Paulis Etienne Amenyido an. Die wohl entscheidende Szene des Spiels.
Derby-Negativserie
Nach dem verkorksten 108. Stadt-Derby hatten Walter und seine Spieler noch einiges abzuschütteln. Zum vierten Mal nacheinander verlor der große HSV das Gastspiel beim Underdog vom Kiez. «Das macht keinen Spaß, hier zu verlieren», stellte HSV-Spieler Jonas Meffert genervt fest, während um ihn herum im Millerntor-Stadion die St. Pauli-Fans unter den 29 205 Zuschauern mit ihren Helden eine braun-weiße Party feierten.
Sechs Spiele war der HSV ungeschlagen und trat seine kürzeste Dienstreise der Saison als Tabellenführer an. Saison übergreifend acht Siege in der Fremde hatte die Mannschaft geschafft und einen Liga-Rekord aufgestellt. Doch alle schönen Zahlen waren nach einem denkwürdigen Abend mit der höchsten Derby-Niederlage seit dem 1:4 vom 14. Februar 1960 in der Oberliga Nord dahin. Am Samstag folgte durch den 2:1-Sieg von Darmstadt 98 beim Karlsruher SC die Ablösung durch die Hessen als Liga-Primus. Am Sonntag ging auch noch der SC Paderborn mit dem 3:0 gegen den SV Sandhausen im Klassement vorbei. Aber das war beinahe nur eine Randnotiz für den HSV.
«Lassen uns von so was nicht unterkriegen»
Was für Walter und seine Mannschaft bedenklicher sein sollte: Schon vor dem Platzverweis hatte sich der HSV gegen den FC St. Pauli schwergetan. St. Paulis Trainer Timo Schultz hatte seine Formation binnen weniger Tage von Dreier- auf Fünfer-Abwehrkette fortgebildet («Die Jungs haben das heute richtig gut umgesetzt.»). Die Gäste kamen damit nur schwer zurecht, das frühe Anlaufen behagte ihnen nicht.
Ist das nur eine Formdelle oder der mögliche Beginn einer kleineren Krise? Wie schon beim 1:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern fehlten auch am Millerntor die spielerische Leichtigkeit und die Dominanz, mit der der HSV sonst seine Gegner erdrückt. «Wir wissen, was wir diese Saison schon geleistet haben. Wir wissen, was wir für eine Qualität haben und wir lassen uns von so was nicht unterkriegen», gab sich Torwart Daniel Heuer Fernandes kämpferisch. «Wir lassen die Köpfe hoch und wollen auch in Leipzig wieder ein gutes Spiel machen.»