Das graue Regenwetter von Barcelona war den Frankfurter Fanmassen herzlich egal. Schon am Tag vor dem selbst ernannten «Jahrhundertspiel» im Camp Nou schmückten die Eintracht-Fans die katalanische Metropole in den Vereinsfarben der Hessen.
Bis zu 30.000 Anhänger sollen am Donnerstagabend (21.00 Uhr/RTL) dabei sein, wenn die Eintracht eine Woche nach dem 1:1 im Hinspiel den großen FC Barcelona aus der Fußball-Europa-League werfen will. Vor dem Viertelfinalrückspiel ist ein Fanmarsch von der Stadt zu dem legendären Stadion geplant – alle in weißer Kleidung.
Selbstbewusste Eintracht
«Wir fahren da hin und schlagen die», sagte Sportvorstand Markus Krösche voller Selbstbewusstsein und ohne großen Respekt für das prächtige Ensemble um Pierre-Emerick Aubameyang und Jungstar Pedri. Im Fußball-Tempel mit 95.000 Plätzen erwartet Krösche eine Stimmung wie bei einem Heimspiel. «Ich bin hundertprozentig davon überzeugt, dass unsere Jungs mehr Stimmung machen und deutlich lauter sind als die Barça-Fans!», sagte Krösche der «Bild».
Für die Hessen, die ihr Selbstverständnis sehr stark über den Europapokal definieren, folgt gerade Feiertag auf Feiertag. Erst die Rückkehr zur Stadionvollauslastung nach dem Ende der Corona-Maßnahmen, dann vor 48.000 Fans daheim gegen Weltclub Barcelona und nun auch noch im Camp Nou. Präsident Peter Fischer nannte die Duelle «die größten seit 1960» – damals verlor Frankfurt im Finale des Landesmeisterpokals gegen Real Madrid.
Trapp: «Nicht auf ein Elfmeterschießen vorbereiten»
Die Profis um Torhüter Kevin Trapp und Flügelspieler Filip Kostic können zumindest vereinsintern zu Legenden werden, wenn sie die gigantische Prüfung im Camp Nou bestehen. Trotz Tristesse in der Bundesliga mangelt es den Profis von Chefcoach Oliver Glasner nicht an Selbstvertrauen. So kündigte Trapp direkt an: «Wir werden uns nicht auf ein Elfmeterschießen vorbereiten, weil wir in Barcelona so spielen wollen, dass wir direkt weiterkommen.»
Für die Fans – Vorstandssprecher Axel Hellmann sprach von 35.000 Kartenwünschen – wird die Abenteuerreise so oder so unvergesslich. Sie buchten überteuerte und komplizierte Flugverbindungen, reisten über Amsterdam, Wien oder München an und organisierten sich Karten mit verschleierten IP-Adressen und ausländischen Kreditkarten. Eigentlich steht dem Verein nur ein Kontingent von 5000 Tickets in dem riesigen Stadion zu. Die Bilder am Donnerstagabend werden aber deutlich eine andere Sprache sprechen.
Barcelonas eigentlich für die Champions League gebaute Elf und ihr Trainer Xavi Hernandez hoffen darauf, das missliche Hinspiel mit glücklichem Remis vergessen machen zu können. Als Trumpf nannte Xavi die eigenen Fans, das Stadion und auch den speziellen Rasen. «Marc hat mir erzählt, dass im Camp Nou gefühlt Wasserpfützen auf dem Platz sind, so nass ist er. Ein kleiner Unterschied wird es vielleicht sein», sagte Trapp mit Bezug auf ein Gespräch mit seinem Torhüterkollegen Marc-André ter Stegen, der für Barça spielt.
Erstaunliche Entwicklung
Bedenkt man, wo die Hessen herkommen, ist schon das Erreichen des Viertelfinals eine erstaunliche Entwicklung. Vor sechs Jahren konnte die Eintracht einen Absturz in die Zweitklassigkeit erst in der Relegation abwenden. Danach folgten spektakuläre Jahre mit dem DFB-Pokalsieg 2018 und dem Einzug ins Europa-League-Halbfinale 2019, das dem Club Begegnungen mit Inter Mailand, Benfica Lissabon oder dem FC Chelsea ermöglichte.
Doch immer wieder verabschiedeten sich wichtige Protagonisten. Erst ging Trainer Niko Kovac zu den Bayern, im vergangenen Sommer kam es dann besonders hart: Sportvorstand Fredi Bobic wechselte zur Hertha, Trainer Adi Hütter nach Gladbach und Turboflügel Kostic wollte per Streik einen Wechsel zu Lazio Rom erzwingen. Während die Hertha nun gegen den Abstieg kämpft, Gladbach die Saisonziele zu verpassen droht und Lazio Rom international längst raus ist, erwartet die Eintracht ein Festabend vor vollen Rängen im Camp Nou.
Die möglichen Aufstellungen:
FC Barcelona: Ter Stegen – Araújo, Lenglet, Eric García, Jordi Alba – De Jong, Busquets, Pedri – Traoré, Aubameyang, Ferran Torres
Eintracht Frankfurt: Trapp – Touré, Hinteregger, Ndicka – Knauff, Jakic, Rode, Kostic – Lindström, Kamada – Borré
Schiedsrichter: Artur Dias (Portugal)