Felix Magath rutschte immer tiefer in die Ecke seiner Trainerbank. Bei seinem ersten Stadion-Auftritt mit seiner neuen Mannschaft hatte der neue Hoffnungsträger von Hertha BSC die wirkliche Schwere der Aufgabe erkannt.
«Das war zu wenig. Wir kämpfen nach wie vor gegen den Abstieg. Der Sieg gegen Hoffenheim hat vielleicht den einen oder anderen glauben lassen, dass das Gröbste überstanden wäre. Aber es ist noch ein weiter Weg bis zum Klassenerhalt», sagte der 68-Jährige. Vorerst fielen die Berliner auf einen direkten Abstiegsplatz zurück.
Nach neuneinhalb Jahren saß Magath, der sein erstes Spiel wegen einer Corona-Infektion nur aus dem Homeoffice gecoacht hatte, wieder auf der Trainerbank in der Fußball-Bundesliga. Beim 1:2 bei Bayer Leverkusen musste er erkennen, dass seine Mannschaft die Tugenden im Existenzkampf noch nicht angenommen hat.
Hertha im Stadtduell gegen Union gefordert
«Wenn man unten in der Tabelle steht, ist man spielerisch nicht so gut. Daher muss man mehr kämpfen – anders wird man unten nicht rauskommen», sagte Herthas Chefcoach, der nun mit seinem Team das brisante Derby gegen Union Berlin vor sich hat. «Bis dahin müssen wir noch ein bisschen zulegen», sagte Magath.
Die Köpenicker, die in dieser Saison schon zwei Siege gegen Hertha feiern konnten, sind heiß auf das Derby. «Wir haben dieses Jahr gezeigt, wer die Nummer eins in Berlin ist. Das wollen wir so weiter beibehalten», sagte Unions Abwehrspieler Robin Knoche.
Wie eine Mannschaft, die den Abstiegskampf angenommen hat, trat die Hertha in der BayArena nicht auf. Dies erkannte auch Bayer-Profi Robert Andrich, der neun Jahre für die Berliner gespielt hat. «Wenn sie wie heute spielen, wird es sehr, sehr schwer. Viel fürs Spiel haben sie nicht getan. Meiner Meinung nach musst du schon kratzen und beißen und nicht nur die ganze Zeit hinfallen», befand der Mittelfeldspieler der Leverkusener. Diese mussten zwar lange um den Sieg bangen, hatten die Partie aber immer unter Kontrolle.
Dass ausgerechnet eine Magath-Mannschaft Aggressivität und Kampfgeist vermissen lässt, dürfte den Trainer-Oldie am meisten ärgern. «Ich dachte, dass allen klar ist, dass wir über den Kampf kommen müssen», sagte Magath, der sein Team zuvor im Trainingslager in Ostwestfalen auf die anstehenden Aufgaben vorbereitet hat. Doch dann ging alles schief. «Die Mannschaft wollte, aber wir haben den verkehrten Ansatz gewählt. Statt mitzuspielen, hätten wir mehr Einsatz bringen müssen», sagte er.
Es ist davon auszugehen, dass er das seinen Spielern schnell klar gemacht hat. «Ich denke, dass wir das jetzt verstanden haben und in der nächsten Partie wieder anders machen.»
Co-Trainer Fotheringham als Lautsprecher
Gecoacht hat die Berliner während des Spiels vor allem Co-Trainer Mark Fotheringham, der an der Seitenlinie hin- und her sprang und seine Kommandos gab. Magath hatte die Partie in dicker winterlicher Kleidung von der Bank verfolgt. Im Team kommt diese Aufgabenteilung bislang gut an. Magath gibt die Richtung vor, seine Assistenten setzen das um.
«Von Felix Magath lernen wir viel, wir spüren seine Autorität. Und die Mischung mit Mark Fotheringham passt. Alle machen es gut und geben dem Team die nötige Energie für den Abstiegskampf», befand Torhüter Marcel Lotka. Er musste den verletzten Alexander Schwolow schon nach einer Viertelstunde ablösen. Bei den Gegentoren von Lucas Alario (35.) und Karim Bellarabi (40.) war der 20-Jährige machtlos. Auch der Anschlusstreffer von Vladimir Darida (42.) setzte nicht unbedingt neue Kräfte frei.
Immerhin treten die Berliner im Endspurt noch gegen die unmittelbare Konkurrenz aus Bielefeld, Stuttgart und Augsburg an. Den Kampfgeist wird Magath ihnen bis dahin vermitteln – wohl auch mit vielen Medizinbällen und intensiven Laufeinheiten.