Vom Gala-Auftritt des FC Bayern München in Leverkusen düste Lucas Hernández schnell zum Gericht nach Madrid.
Einen Tag eher als angekündigt und damit unbemerkt von der Öffentlichkeit hat der Fußball-Weltmeister überraschend schon am Montag seinen Justiztermin in der spanischen Hauptstadt wahrgenommen.
Der 25 Jahre alte Franzose sei persönlich und offiziell darüber benachrichtigt worden, dass er innerhalb der nächsten zehn Tage möglicherweise eine sechsmonatige Haftstrafe antreten muss, teilte das zuständige Gericht der Deutschen Presse-Agentur mit.
Die Frist für Hernández läuft jetzt. Erst einmal wird der rund 80 Millionen Euro teure Bayern-Rekordeinkauf aber an Bord des Münchner Sonderfliegers erwartet, der am Dienstagnachmittag nach Lissabon abhebt. Drei Tage nach der 5:1-Machtdemonstration bei Bayer Leverkusen soll Hernández am Mittwoch (21.00 Uhr/DAZN) auch im Champions-League-Gastspiel bei Benfica eine tragende Rolle übernehmen. Trainer Julian Nagelsmann freut sich über diese Planungssicherheit, zumal Hernández gegen Leverkusen ein «herausragendes» Spiel gemacht habe.
Madrider Gericht entscheidet über Berufung
Ob der Profi tatsächlich in ein spanisches Gefängnis seiner Wahl muss, hängt auch von der Entscheidung des Madrider Oberlandesgerichts über seine Berufung ab. Sollte diese allerdings am 28. Oktober noch nicht vorliegen, muss Hernández in Haft. Im für ihn und den Club schlimmsten Fall würde er den Münchnern bis April 2022 fehlen.
Der frühere Abwehrspieler von Atlético Madrid soll wegen der Missachtung eines Gerichtsurteils ins Gefängnis. Es geht dabei um einen Verstoß gegen ein Annäherungs- und Kontaktverbot, das auf einen inzwischen schon Jahre zurückliegenden handgreiflichen Streit mit seiner damaligen Freundin und heutigen Frau zurückgeht. «Das ist ein privates Thema, was er auch privat halten soll», sagte Nagelsmann im BR Fernsehen und bat, die fußballerischen Leistungen von Hernández zu bewerten.
Da Hernández schon am Montag zurück in der bayerischen Landeshauptstadt erwartet wurde, dürfte er sich auch im Abschlusstraining am Dienstag noch in München mit dem Team auf den nächsten Sieg Richtung Achtelfinale einstimmen. «Lucas ist ein Typ, auf den man sich immer verlassen kann, in jeder Situation. Wir gehen davon aus, dass er eine Topleistung bringt und diese Geschichte für 90 Minuten ad acta legen kann», hatte Vorstandschef Oliver Kahn schon vor der Leverkusen-Gala gesagt.
Auch Ausfall von Davies droht
Nagelsmann muss aber trotz des nun möglichen Mitwirkens von Hernández gegen Benfica vielleicht seine Start-Einheit der vergangenen drei Spiele aufbrechen, denn der in Leverkusen starke Linksverteidiger Alphonso Davies droht auszufallen. Der 20-Jährige wurde bereits in der 40. Minute wegen Oberschenkelproblemen ausgewechselt. «Wir hoffen, dass er Glück hat. Er hat einen leichten Schmerz im Oberschenkel gespürt», sagte Nagelsmann. «Wir müssen bis Mittwoch schauen, ob es reicht.»
Hernández, dem Nagelsmann die «beste Saisonleistung» attestierte, und Davies waren feste Bausteine in den Startformationen gegen Dynamo Kiew (5:0), Eintracht Frankfurt (1:2) und eben Leverkusen. Die Gala gegen die hoffnungslos überforderte Werkself bestätigte Nagelsmanns derzeitiges Erfolgsrezept, das auf personeller Beständigkeit basiert. «Wenn man neue Leute reinbringt, braucht man Struktur und Stabilität», erklärte der Trainer zu seinem Vorgehen.
Seine Stars teilen diese Auffassung – zumindest die, die von Beginn an auf dem Feld stehen. «Gigantisch» habe die Mannschaft laut Joshua Kimmich gespielt, mit «Tempo, Tiefe und Torgefährlichkeit», sagte der Nationalspieler. «Wir haben ein Team», twitterte Kollege Leon Goretzka und fügte als Emoji eine Faust als Symbol der Stärke hinzu.
Bayern-Auftritt beeindruckt Konkurrenz
Nagelsmann nahm schon am Sonntag auch die Bankspieler zeitig mit ins Boot – schließlich führte der FC Bayern nach 37 unglaublichen Minuten mit 5:0. Robert Lewandowski sorgte zunächst für eine 2:0-Führung (4. und 30. Minute). Fast im Minutentakt trafen dann Thomas Müller (34.) sowie Serge Gnabry per Doppelpack (35./37.). Das Tor für Leverkusen durch Patrik Schick (55.) war nicht mehr als ein Schönheitsfehler aus Münchner Sicht.
Die Galavorstellung des FC Bayern in Leverkusen machte auch in Portugal schwer Eindruck. «Furchterregende Bayern», titelte am Montag die Fachzeitung «Record». «Das macht Angst!» Als eine «tödliche Maschine» bezeichnete «O Jogo» den Bundesliga-Tabellenführer, die für das Spiel im Estadio da Luz «gut geölt» sei. Die Bayern hätten Leverkusen «zermalmt» und sich «dabei auch noch ausgeruht».
Egal, ob mit Hernandez und Davies oder ohne die beiden – der FC Bayern wird als haushoher Favorit in das dritte Champions-League-Gruppenspiel gehen. Benfica quälte sich am Wochenende im Pokal zu einem 2:1 bei Zweitligist CD Trofense. «Ich hatte mehr erwartet. Das war auch mit Blick auf Mittwoch nicht gut», sagte Trainer Jorge Jesus.