Die europäische Elite klotzt, die Bundesliga kleckert.
Anders als die Topclubs aus Paris, Manchester und Madrid, die mit den Verpflichtungen von Lionel Messi und Cristiano Ronaldo sowie Spekulationen um Kylian Mbappé für einen Transfersommer der Superlative sorgten, trugen die heimischen Vereine bei ihren Kaderplanungen der Corona-Krise zum Großteil Rechnung. Schwindende Erlöse und die anhaltende Unsicherheit bei der Entwicklung der Zuschauerzahlen zwingen weiterhin zur Zurückhaltung.
Zwar gaben die 18 Clubs des Fußball-Oberhauses bei ihrer jüngsten Einkaufstour nach Schätzungen der Deutschen Presse-Agentur mit knapp 400 Millionen Euro über 130 Millionen Euro mehr aus als im vergangenen Jahr, blieben aber noch immer weit unter der Rekordsumme in Höhe von knapp über 700 Millionen Euro aus den noch unbeschwerten Zeiten im Sommer 2019. Bei den diesjährigen Transfereinnahmen in Höhe von rund 445 Millionen Euro erwirtschafteten sie wie schon im Vorjahr sogar ein Plus.
Auch in den traditionell hektischen letzten Stunden vor Ende der Transferfrist am Dienstag um 18.00 Uhr blieb es vergleichsweise unspektakulär – mit einer Ausnahme. Für den wohl vielversprechendsten Last-Minute-Wechsel sorgte RB Leipzig mit dem Fünfjahresvertrag für den erst 18 Jahre alten und angeblich 15 Millionen Euro teuren Mittelfeldspieler Ilaix Moriba, der beim FC Barcelona alle Jugendmannschaften durchlief.
Eintracht Frankfurt verpflichtete den Niederländer Sam Lammers von Atalanta Bergamo auf Leihbasis als Ersatz für den nach Leipzig gewechselten Torjäger André Silva. Schlusslicht Hertha BSC hofft nach der Verpflichtung von Myziane Maolida (OGC Nizza) auf mehr Offensivpower. Zudem soll der 26 Jahre alte Spanier Samu Castillejo laut «Bild» vom AC Mailand ausgeliehen werden.
Leipzig investierte
Am meisten Geld investierte der Tabellenzweite der vergangenen Saison aus Leipzig in den Kader. Für die Verpflichtungen von André Silva (Eintracht Frankfurt), Josko Gvardiol (Dinamo Zagreb), Mohamed Simakan (Racing Straßburg), Benjamin Henrichs (AS Monaco) und Angeliño (Manchester City) und Muriba wurden über 100 Millionen Euro fällig. Allerdings fiel den Leipzigern der Griff in die Vereinskasse vergleichsweise leicht. Schließlich überwies allein der Ligakonkurrent FC Bayern München für Dayot Upamecano und Marcel Sabitzer fast 58 Millionen Euro. Zudem brachte der Verkauf von Ibrahima Konaté an den FC Liverpool satte 46 Millionen Euro ein.
Es passt zum Image der Münchner und von Borussia Dortmund als Branchenführer, dass sie sich die beiden teuersten Zugänge leisteten. Für Innenverteidiger Upamecano zahlte der FC Bayern dem Vernehmen nach rund 43,5 Millionen Euro. Der BVB ließ sich Donyell Malen aus Eindhoven 30 Millionen Euro kosten.
Den größten Erlös erzielte der BVB, der Dribbelkünstler Jadon Sancho für geschätzte 85 Millionen an Manchester United verkaufte. Für die meisten Schlagzeilen der Wechselperiode sorgte jedoch ein anderer Dortmunder. Schließlich wurde Erling Haaland fast wöchentlich bei einem anderen europäischen Topclub als Zugang gehandelt. Zuletzt stand er angeblich kurz vor einem Wechsel zu Paris Saint-Germain als Ersatz für den Fall eines Wechsels von Mbappé zu Real Madrid. Dass die BVB-Bosse den mitunter unmoralischen Angeboten für den Torjäger von angeblich über 150 Millionen Euro widerstanden, gehört zu den bemerkenswerten Aspekten des Transfersommers.
Leihspieler als Trend
Für große Aufregung sorgte zuletzt auch Filip Kostic. Um seinen erhofften Wechsel zu Lazio Rom voranzutreiben, hatte der 28 Jahre alte Schlüsselspieler von Eintracht Frankfurt die Teilnahme am Training verweigert und war auch nicht mit zum Bundesliga-Spiel seines Teams nach Bielefeld gereist. Mit ähnlichen Streiks hatten sich bereits die ehemaligen BVB-Profis Ousmane Dembélé (FC Barcelona) und Pierre-Emerick Aubameyang (FC Arsenal) vor Jahren den Unmut vieler Fußball-Fans zugezogen.
Doch bei Kostic blieb die Taktik erfolglos. Die Verhandlungen mit Lazio Rom über einen 15 Millionen Euro-Transfer sind geplatzt. Der ebenfalls abwanderungswillige Amin Younes muss wohl auch bleiben. «Beide sind wieder im Kader. Wir werden Gespräche führen. Ich denke, wir kriegen das wieder in die Bahn», sagte Sportvorstand Markus Krösche am Dienstagabend.
Mehr denn je im ligaweiten Trend sind Leihspieler. Schließlich sind die Kosten kalkulierbarer und das Risiko geringer als bei Neuzugängen mit festen Ablösen und Verträgen. Ein weiteres adäquates Mittel zur Kostenreduzierung in Corona-Zeiten ist die Verkleinerung des Kaders. So trennte sich Arminia Bielefeld von 20 Spielern, beim 1. FC Köln nahmen 19 Profis Abschied.