Das letzte Bier zur Feier des späten Ausgleichs gegen Augsburg war in Köpenick noch nicht getrunken, als in der Trainerfrage beim 1. FC Union Berlin plötzlich einer der größten Namen des Weltfußballs alles überstrahlte.
Einem Bericht des «Kicker» zufolge hätten sich die Anzeichen verdichtet, dass der frühere Weltklassespieler Raúl neuer Cheftrainer beim abstiegsgefährdeten Bundesligisten wird. Doch die Suche nach dem Nachfolger des langjährigen Erfolgstrainers Urs Fischer blieb bis zum Sonntagmorgen offen.
Die spanische Sportzeitung «Marca», bei Themen rund um Real Madrid in der Regel gut informiert, trat deutlich auf die Bremse. «Er ist zu Hause», schrieb das Blatt und meinte damit Raúls Herzensclub Real, wo er als Stürmer aus der eigenen Jugend unter anderem dreimal die Champions League gewann und in dieser Saison die zweite Mannschaft trainiert. Der 46 Jahre alte Spanier träume weiter davon, das erste Team der Madrilenen zu trainieren, hieß es in dem Bericht.
Viele Namen gehandelt
So ging vorerst das muntere Rätselraten weiter, wer die Eisernen als Chefcoach vor dem Abstieg retten soll. Zuvor waren die Namen der ehemaligen Bundesliga-Trainer Alfred Schreuder, Oliver Glasner und Bo Svensson gehandelt worden. Genauso gut möglich scheint es, dass die Berliner wie so oft mit einer ganz anderen Lösung überraschen.
«Jeder, der in die Alte Försterei kommt, weiß, was ihn hier erwartet. Am Ende muss es ein Trainer sein, der Authentizität hat, der einen klaren Weg hat. Dann werden wir auch zusammenfinden», sagte Präsident Dirk Zingler am Samstag bei Sky über die Trainersuche.
Das erste Remis nach neun Liga-Niederlagen in Serie geriet nach dem wilden Raúl-Gerücht dabei fast in den Hintergrund. Im emotionalen und hitzigen Spiel eins nach dem Ende der Ära Urs Fischer ließ Kevin Volland die Fans mit seinem ersten Tor für Union spät jubeln. Unter dem Interims-Trainerteam Marco Grote und Marie-Louise Eta zeigten sich die Berliner gerade offensiv verbessert. Aber auch die Unsicherheiten und individuellen Aussetzer der vergangenen Monate waren noch da. So blieb Union auch im 15. Spiel in Serie ohne Sieg.
Gosens erleichtert
Die Eisernen verließen durch den ersten Bundesligapunkt seit August zumindest den letzten Tabellenplatz. «Wenn man sieht, wann der Ausgleich fällt, ist sicherlich ein Stück Erleichterung dabei», sagte Nationalspieler Robin Gosens, der mit einer riskanten Grätsche den Elfmeter zur Führung der Gäste in der ersten Halbzeit verursacht hatte.
Die Zeit, in denen sich ein Ausgleichstor in der 88. Minute wie ein Sieg anfühlen kann, ist in Köpenick trotzdem vorbei. Es sein ein Mix der Gefühle, sagte Volland. Aber Mannschaft und Trainerteam waren bemüht, das Spiel als weiteren kleinen Schritt in die richtige Richtung zu deuten.
«Es geht darum, das mitzunehmen, was am Ende dabei herausgekommen ist. Aber es geht auch viel um Inhalt. Das ist dann auch etwas, was wichtig sein wird für die nächsten Wochen», sagte Grote. «Dass du nach der Serie hier nicht auf den Platz gehst und alles ist wie weggepustet, du bist auf einmal völlig frei und zauberst von einer Ecke in die andere. Das liegt ja in der Natur der Sache.» Nach Abpfiff hatte er dem Team im Kreis auf dem Platz noch einmal etwas mit auf den Weg gegeben.
Den nächsten Schritt wollen die Berliner im Champions-League-Spiel beim SC Braga (21.00 Uhr/DAZN) am Mittwoch machen. Dort dürfte die Vorentscheidung fallen, ob Union im kommenden Jahr als Gruppendritter in die Europa League rutscht. Am kommenden Samstag geht es dann zu Rekordmeister Bayern München, wo der nächste Rückschlag droht – wer auch immer dann auf der Bank der Berliner sitzt.