Niclas Füllkrug vertrieb sogar bei Joshua Kimmich den großen bajuwarischen Fußball-Weltschmerz um fehlende Liebe im Münchner Trainer-Drama. Der Tore-Doppelpack des Bremer Mittelstürmers beim 2:0 der Nationalmannschaft gegen Peru brachte den neuen DFB-Kapitän im Keller der Mainzer Arena wieder zum Lächeln.
Angesprochen auf Füllkrugs tolle Torquote mit nun fünf Treffern in fünf Länderspielen hatte Kimmich für Deutschlands neuen Fan-Liebling auch gleich den nächsten Auftrag parat. «Nach dem Sechsten sind es dann sieben», sagte Kimmich – und grinste.
Weitere zwei Tore am Dienstag (20.45 Uhr/RTL) gegen Belgien versprach Füllkrug natürlich nicht. Wenige Minuten nach Kimmich stand er exakt an der selben Interview-Position wie der Münchner und wollte sich selbst überhaupt keine Heldenrolle beim Neustart der DFB-Elf nach dem WM-Desaster in Katar zuschreiben. «Nein, wir. Wir schießen die Tore», sagte er mit zweimal deutlicher Betonung auf dem «Wir». Selbstlos überließ er vor dem letztlich an den Pfosten geschossenen Elfmeter in der zweiten Halbzeit Kai Havertz den schon geholten Ball und verzichtete somit auf einen möglichen Dreierpack.
Einziger positiver WM-Faktor
In eine Sonderrolle hat sich Füllkrug längst gespielt. Nahtlos machte er gegen Peru da weiter, wo er mit zwei Joker-Toren in Katar schon der einzige positive deutsche WM-Faktor gewesen war. «Niclas steht dort, wo ein Mittelstürmer zu stehen hat. Er ist schon ein Spieler, der besonders ist, sehr selbstbewusst, der die Spieler mitziehen kann mit positiver Energie. Er ist für Tore da, die hat er gemacht», lobte Bundestrainer Hansi Flick den Parade-Neuner.
Rudi Völler verfolgte es in seinem ersten Spiel als DFB-Sportdirektor auf der Ehrentribüne sicherlich auch mit Erleichterung, dass da ein potenziell legitimer Mittelstürmer-Erbe aufgetaucht ist. Die seit dem Rücktritt von Miroslav Klose 2014 unterbrochene große deutsche Knipser-Tradition kann mit dem Werder-Angreifer fortgeschrieben werden. Auch wenn der mit 30 Jahren schon Richtung Zielgerade der Karriere blickt. «Lücke» füllt die Lücke, bot sich als Wortspiel angesichts Füllkrugs Spitzname geradezu an.
Markante Zahnlücke
Der Mann mit der markanten Zahnlücke stand gegen Peru genau dort, wo ein Torjäger stehen muss. Die neue Flick-Taktik mit zwei zentralen Angreifern kommt dem wuchtigen Bremer auch entgegen, obwohl Timo Werner neben ihm mit seinem Abschlusspech eine unglückliche Figur machte. «Wir hatten gerade im Zentrum, auch um den Sechzehnmeterraum, viel Personal. Es war eine gute Sache. Sowohl Timo als auch Niclas fühlen sich wohl mit einem Spieler um sich herum. Von daher war dieser Test sehr erkenntnisreich», sagte Flick.
Füllkrug ist für den Bundestrainer wie ein Geschenk. Mit seiner ehrlichen, bodenständigen Art ist er auch abseits des Platzes prädestiniert, die Fan-Herzen zurückzugewinnen. Er ist der Typ, auf den man sich verlassen kann. Und wenn es auf dem Platz wie gegen Peru mal hitziger wird, ist er mit körperlicher Präsenz auch zur Stelle. Ein Pfundskerl, den Flick jetzt braucht und der selbstlos zurückzahlt. «Ich werde hier sehr gut in Szene gesetzt, dann kann ich auch den ein oder anderen machen», sagte er. Einen. Oder auch zwei. Wenn es nach Kimmich geht, am besten gleich gegen Belgien.