Vorstandschef Oliver Kahn vom FC Bayern München hat Kapitän Manuel Neuer für dessen Aussagen in zwei Interviews kritisiert.
«Was Manuel in Teilen dieser zwei Interviews im Zusammenhang mit der Freistellung von Toni Tapalovic gesagt hat, wird weder ihm als Kapitän noch den Werten des FC Bayern gerecht. Zudem kommen seine Aussagen zur Unzeit, weil wir vor ganz wichtigen Spielen stehen», sagte Kahn auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Kahn zieht Parallele zu Sepp Maier
Angesprochen auf die Beweggründe Neuers sagte Kahn: «Er ist persönlich betroffen, das muss man ein Stück weit verstehen. Das war uns auch bewusst, als wir ihm erklärt haben, dass die nicht leichtfertig getroffene Entscheidung in der Frage des Torwarttrainers in diesem Moment das Beste für unsere Mannschaft war. Ich stand 2004 als Nationalspieler vor einer ähnlichen Situation. Unser Torwarttrainer Sepp Maier fühlte sich vom DFB schlecht behandelt und es kam zur Trennung. Ich hatte jahrelang mit Sepp zusammengearbeitet, und wir hatten ein freundschaftliches und vertrauensvolles Verhältnis», sagte der Münchner Vorstandschef.
«Ich war damals auch enttäuscht, und ich war wütend auf den DFB. Aber die gemeinsamen Ziele standen für mich im Vordergrund. Sie waren mir wichtiger als meine persönlichen Gefühle. Und aus diesem Grund habe ich damals entschieden, mich nicht öffentlich zu äußern. Manuel hat jetzt das Gegenteil getan», ergänzte Kahn. Der frühere Vize-Weltmeister kündigte «deutliche Gespräche» mit Neuer an, der in dieser Saison wegen seines Unterschenkelbruchs nicht mehr spielen kann.
Neuer enttäuscht über Entscheidung zu Toni Tapalovic
Neuer hatte sich zuvor in einem Interview der «Süddeutschen Zeitung», das auch im Portal «The Athletic» erschien, geäußert. Einen Rücktritt aus der Nationalmannschaft hatte er ausgeschlossen. Sehr enttäuscht äußerte sich Neuer darüber, dass sich der deutsche Rekordmeister vom langjährigen Torwarttrainer Toni Tapalovic getrennt hat. «Er hat ja nicht elfeinhalb Jahre nur für mich gearbeitet, sondern für alle», erklärte Neuer. «Für mich war das ein Schlag, als ich bereits am Boden lag. Ich hatte das Gefühl, mir wird mein Herz rausgerissen, das war das Krasseste, was ich in meiner Karriere erlebt habe», hatte Neuer gesagt.
Die vergangenen Wochen müssen Neuer schwer beschäftigt haben. Erst das bittere Vorrunden-Aus bei der WM, dann die Verletzung durch den Skiunfall, für die er sich viel Kritik anhören musste und schließlich die Freistellung seines befreundeten Torwarttrainers Tapalovic. Dazu wurde Yann Sommer als ein erfahrener Keeper – immerhin Schweizer Nationaltorhüter – für rund acht Millionen Euro geholt. Dieser will seinen Platz sicherlich nicht so schnell wieder hergeben.
Die Aussagen Neuers kommen zur Unzeit, wie Kahn anmerkte. In der Bundesliga ist die Tabellenspitze nach dem Münchner Fehlstart zusammengerückt, und in der Champions League wartet am 14. Februar der Kracher gegen Paris Saint-Germain mit Weltmeister Lionel Messi. Da können Kahn und Co. weitere Störfeuer nicht gebrauchen, zumal Neuer sogleich eine Kampfansage an Stellvertreter Sommer und die Konkurrenz in der Nationalmannschaft schickte. «Ich bin noch da. Auch wenn manche Menschen vielleicht das Gefühl haben, sie hätten die alten Spieler satt», sagte Neuer: «Der Beste wird spielen. Wenn ich spielen will, muss ich der Beste sein.»