Die branchenüblichen «Trainer raus!»-Rufe sind im Sinsheimer Stadion noch nicht einmal ertönt, André Breitenreiter regt sich aber schon über harmlose Sprechchöre auf.
«Wir wollen euch kämpfen sehen!», tönte es nach dem 1:4 (0:2) der TSG 1899 Hoffenheim gegen Borussia Mönchengladbach aus der nicht einmal voll besetzten Südkurve. «Am Ende des Tages hilft das der Mannschaft nicht», sagte Breitenreiter. «Die Jungs wollten, die haben Herz und Leidenschaft gezeigt.»
Aber die Hoffenheimer konnten mal wieder nicht so richtig – und so ist die Serie der Kraichgauer auf acht sieglose Spiele angewachsen. Mit einer weiteren Niederlage am nächsten Samstag beim VfL Bochum wären die kriselnden Kraichgauer endgültig mitten im Abstiegssumpf. Dazwischen geht es am Mittwoch noch zum DFB-Pokal-Achtelfinale zu RB Leipzig. «Da sind wir totaler Außenseiter. Aber manchmal sind es genau solche Spiele, die man braucht, um den Turnaround zu schaffen», sagte Breitenreiter.
Fakt ist, dass der 49-Jährige mit seiner Mannschaft nach 18 Spieltagen nur 19 Punkte hat – und weit weg von den einstigen Europa-League-Ambitionen liegt. Er habe es als Trainer noch nie erlebt, dass so etwas von seiner Mannschaft gefordert wird, sagte Breitenreiter zu den harmlosen Rufen der Fans: «Ich finde das auch den völlig falschen Ansatz.»
Hofmann und Stindl ragen bei Gladbach heraus
Der letztjährige Meistertrainer des FC Zürich weiß aber auch: «Wir brauchen ein Erfolgserlebnis, das müssen wir erzwingen.» Vier Tage nach dem 2:2 gegen einen schwachen VfB Stuttgart wurden die Hoffenheimer vor allem von zwei Nationalspielern der Borussia düpiert: Jonas Hofmann und Lars Stindl führten Borussia Mönchengladbach zum ersten Auswärtssieg in dieser Saison.
Der 30-jährige Hofmann erzielte die ersten beiden Tore (12. und 37. Minute) auf Stindls Vorarbeit. Dem Kapitän gelang dann das 3:1 (83.), ehe Joker Hannes Wolf noch nachlegte (90.). Vor 24.119 Zuschauern in Sinsheim feierte die Mannschaft von Trainer Daniel Farke auch den ersten Sieg in diesem Jahr und darf damit in der Tabelle wieder mehr nach oben schauen. Die Hoffenheimer, für die nur Ihlas Bebou (80.) traf, wirkten sehr lange ziemlich ratlos und harmlos. Und sie wissen kaum noch, wie sich ein Sieg in der Liga anfühlt: In den vergangenen zwölf Partien gab es nur einen einzigen – bei Schlusslicht Schalke im Oktober.
TSG-Sportchef Rosen will sich nicht äußern
So gerät Breitenreiter immer mehr in Erklärungsnot – und die Empfindlichkeiten werden auch immer größer. Sportchef Alexander Rosen wollte sich nicht zur kritischen Lage und Situation des Trainers äußern, der im vergangenen Sommer für Sebastian Hoeneß gekommen war. Breitenreiter halfen gegen Gladbach auch nicht zwei Neuzugänge bei ihrem ersten Startelf-Einsatz für die TSG weiter: Der Ex-Wolfsburger John Anthony Brooks stand an seinem 30. Geburtstag in einer nicht gerade sicheren Abwehr, der dänische WM-Stürmer Kasper Dolberg musste nach einer wirkungslosen ersten Halbzeit vom Platz.
Am Ende was es der völlig abgekämpfte, aber auch sehr unglücklich spielende Christoph Baumgartner, der vor Kameras und Mikrofonen nach Worten suchte. «Komplett rumzuheulen», so der österreichische Nationalspieler, das bringe jetzt auch nichts. «Der Trainer hat so viel Routine, der weiß schon, was die Mannschaft in der Situation braucht. Er ist ein Typ, der die Sachen ganz klar anspricht, er ist sehr routiniert, erfahren und hat sehr viel Ahnung von Fußball. Aber am Ende sind wir es, die auf dem Platz stehen.»